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Dechi Lenny

   Abschlussbericht (Abschied vom Deshi - Jedes Ende ist auch ein neuer Anfang)

Dies sind die letzten Worte meines Deshi-Seins. In diesem letzten Text werde ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und gar nicht erst probieren, mich kurz zu fassen. Aus diesem Grund bitte ich schon einmal um Entschuldigung und danke für die Geduld.
Ein Ruf dem ich folgte
17 Monate Deshi – wow, eine Zeit, die mein Leben geprägt hat. Aber warum bin ich überhaupt Deshi geworden? Ich kann heute nicht mehr genau sagen, wer zuerst mit dieser Idee um die Ecke kam, und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass diese Person wirklich damit gerechnet hat, dass ich es wirklich machen werde. Aber ich kann genau sagen: Als sich mir dieser Weg aufgetan hat, habe ich die Chance darin gesehen, mehr aus mir zu machen.
Das Komischste habe ich immer gefunden, fremden Leuten zu erklären, was genau ich mache und danach ihre komischen Fragen zu beantworten… Warum Karate und nicht MMA oder so? Willst du nicht lieber ins Ausland gehen anstatt dort, wo du wohnst? Also wie, du wohnst da? Was hast du dann davon, wenn du fertig bist? etc. etc.
Wahrscheinlich hat keiner dieser Leute eine böse Absicht dabei gehabt. Ich habe sie als komplett überflüssige Fragen empfunden – jedoch auch als Challenge, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen, egal, was andere Leute von deinem Weg halten.
Nur die, die selbst einen ähnlichen Weg gegangen sind, können nachvollziehen, warum man sich für so etwas entscheidet.
Zurück zur Anfangsfrage – Warum bin ich Deshi geworden? Nun, ich bin ein Mensch, der sich intuitiv im Leben entscheidet, und ich kann heute nur sagen, dass mich etwas auf diesem Weg gerufen hat und ich diesem Ruf folgen wollte.

Die Kunst des Lehrens.
Etwas, was ich für mich im Deshi-Sein entdeckt habe, ist das Unterrichten von Klassen – Kinder wie Erwachsenen. Wachstum in der jüngeren Generation zu fördern und die eigene Leidenschaft wie ein Feuer weiterreichen zu können. Selbstvertrauen in Kindern aufzubauen, welche zuvor wenig davon hatten, ein wirklich schönes Gefühl – Werte weiterzureichen. Trotzdem unterrichte ich persönlich lieber Erwachsenenklassen. Aus dem einfachen Grund, dass sie mehr „drauf“ haben, man kann auch mal kompliziertere Sachen ins Training einbauen und selbst auch richtig ins Schwitzen kommen mit strengeren Übungen.
Ebenfalls habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt – Was für ein Lehrer möchte ich sein?
Dies ist gar nicht einfach in Worte zu fassen… ich bin streng & ehrlich, wenn es scheiße aussieht, sage ich es auch so, aber wenn es gut aussieht, sage ich auch so. Ich möchte mit einem guten Beispiel vorangehen. Ich verlange von niemandem 30 Liegestütze, wenn ich diese selber nicht schaffe. Beim Laufen laufe ich ganz vorne.
Ich möchte, dass Leute denken „wenn er das kann, kann ich das auch“.
Es ist gar nicht so einfach (gute) Trainings zu planen. Man hat Leute, die sind besser und welche, die sind schlechter, und man möchte für beide Seiten ein gutes Training anbieten. Doch wo ist der gemeinsame Nenner? Dies findet man nur raus, indem man viele Klassen unterrichtet und sich einen Schatz an Erfahrungen aufbaut. In diesem Bereich konnte ich mir ein solides Fundament schaffen, auf welchem ich nun aufbauen kann.

Gemeinschaft - die Kraft des Kreises
Ich bin Fan von Traditionen, darum habe ich eine alte Kushido-Tradition wieder aufflammen lassen. Die letzten 17 Monate gab es jeden Montag und Freitag Tee nach dem Training. Anfangs gingen die Meisten kurz nach dem Training heim, das änderte sich jedoch schnell, und plötzlich blieben manche teilweise die halbe Nacht. Dies hat ein gutes Band zwischen einigen geknüpft, neue Freundschaften und Gemeinsamkeiten hervorgebracht. Hierzu fällt mir ein kleines Zitat ein:
„Which is more important, the journey or the destination?“ - asked Big Panda
„The company.“ - said Tiny Dragon

Ebenfalls musste ich lernen, dass immer alles in sich hineinzufressen keine langfristige Lösung ist. Gefühle zu unterdrücken und zu verstecken ist nicht das Gleiche wie sich damit auseinanderzusetzen. Manche Sachen sollte man sich von der Seele reden oder schreiben, um sie zu verarbeiten und wahrhaft loslassen zu können. Für diese Erkenntnis habe ich etwas länger gebraucht, emotional war ich stets ein einsamer Wolf. Durch das Schreiben dieser Monatsberichte und „Zusammenfassungen“ der Bücher, welche ich gelesen habe, habe ich gemerkt, dass es mir gut tut, meine Gedanken zu kanalisieren, sortieren und dann niederzuschreiben.

Entwicklung
Ich habe eine intensive Trainingszeit hinter mir. Mindestens 6 Tage die Woche mehrmals am Tag körperliches Training. Ich habe mein Können in jeder Ebene der Martial Arts verbessert. Ich stehe (bis jetzt) auf dem Höhepunkt meiner Fähigkeiten, ich war nie schneller, stärker, flexibler, präziser und ambitionierter als heute. Ich habe viele neue Abläufe gelernt und bei einigen bereits viel mehr als nur den Ablauf.

Nun stehe ich hier, auf meinem vermeintlichen Gipfel der biologischen Fähigkeiten meines Körpers. Jetzt könnte ich endlich mal chillen – 1,5 Jahre unermüdlich Tag ein Tag aus trainieren. Das muss man doch auch mal leid sein, oder? Der Blick zurück zur Mittelmäßigkeit verspricht mir süße Erleichterung. – Nein!
Ich bin (noch) nicht zufrieden. Ich glaube, dies ist eine meiner besten und schlechtesten Eigenschaften, diese innere Unzufriedenheit mit meinen Leistungen. Ein tiefes Verlangen, ein Hunger, welcher nie gestillt wird. Mein Instinkt sagt mir, wir sind noch nicht fertig – ein Gefühl, welches (glaube ich) nur wenige wirklich verstehen werden.
Meine Zeit als Deshi hat mich nicht nur körperlich geformt, sondern auch mental weiter entwickelt. Verschiedenste spannende Lektüre, diverse schwierige Fragen über das Leben, mich und mein Leben. Der Bereich, in dem ich aber den größten Sprung gemacht habe, ist das Verständnis für alles, was wir nicht verstehen. Ich war ein sehr physischer Mensch und habe meinen „Glauben“ auf der Wissenschaft aufgebaut. Die letzten 17 Monate haben mir gezeigt, dass es auf dieser Welt noch so viel mehr gibt als nur das, was ich mit
meinen Augen sehe. In diesem Thema hat es wirklich mehrere Anläufe, Gespräche und Bücher gebraucht, um mich selbst zu überzeugen, dass auch die Wissenschaft nicht perfekt ist. Trotz meines „großen“ Fortschritts in diesem komplexen Thema stehe ich gerade erst am Anfang und werde mich nicht nur körperlich, sondern auch spirituell weiterentwickeln.

Zahlen, Fakten, Fortschritt
Wie bereits in meinem Jahresbericht bringe ich auch in meinem Abschlussbericht meine persönliche Trainings- und Lernstatistik, um dieser Zeit auch auf faktischer Ebene Nachdruck zu verleihen.
-304× Morgentraining mit Hanshi oder Renshi
-544× Abendtraining in der regulären Klasse
-131× Tai Chi / Qi Gong Training
-12x Kata gelernt (Naifunchin, Seiyunchin, Shisochin, Sanseiru, Jo 20er, Jo 31er, Bo 2,
        Bo 5 Elements, Nunchaku 1, Nunchaku 2, Tonfa 1, Tai Chi Schwertform)
-43x Kata-Anwendungen (8x Saifa, 6x Naifunchin, 8x Seiyunchin, 9x Shisochin, 10x , Sanseiru,
        Sanseiru, Jo 13er Anwendung, Peigan Kumi Bo)
-10x Drills (Heishu-, Kihon-, Kansetsu-, Jodan-, Shiho-, Ashi-, Morote-,Ushiro-,
        Gyaku-Waza & Mushimidi)
- 6x Neue Waffen (Escrima, Nunchaku, Tonfa, Schwert, Messer, Sai)
-20× Bücher gelesen (Die Möwe Jonathan, Illusions, Die Richtige Flughöhe, Das Buch der
        5 Ringe, Der Alchemist, The Devil & Miss Prym, Don Juans Reise nach
        Ixtlan, Eine große Gemeinschaft der Schöpfung, Friedvoller Krieger, Im
        Namen Gottes, Nothing in this Book is true, Sai Baba, Siddhartha,
        The Last Barrier, Can’t hurt me, Bevor der Kaffee kalt wird 1-4, Wovon ich rede wenn ich vom Laufen rede)
-Jonglieren gelernt
-Ein Nunchaku selbst gebaut
-Dehnbarkeit deutlich verbessert
Dies sind nur die Dinge, die ich vor meiner Deshi-Zeit noch nicht beherrschte.
Nebenbei konnte ich alles, was ich schon zu wissen glaubte, noch einmal neu lernen und auf ein völlig neues Niveau bringen.

Die Kunst alter Werkzeuge
Es ist nur menschlich, dass einem bestimmte Tätigkeiten mehr Spaß machen als andere. So hat auch bei mir, von all den vielen Sachen, die ich machen musste/durfte, sich etwas ganz klar hervorkristallisiert – die Kunst des Kobudo. Ich liebe es einfach, mit diesen „Werkzeugen“ zu arbeiten. Jede Waffe hat ein anderes Thema und legt den Fokus an einem anderen Ort, im Prinzip unterscheiden sie sich aber nicht riesig voneinander. Wenn man eine Waffe intensiv trainiert, trainiert man indirekt mehrere Waffen damit. Die zwei, in die ich am meisten Zeit investierte, waren das Nunchaku und die Escrima-Stöcke (wobei die Escrima eigentlich nicht offiziell zum Kobudo zählen). Ich bin noch kein Meister, konnte mir aber ein solides Skill-Set aufbauen und werde sicherlich noch einige tausend Stunden investieren. Es gibt noch so viele Waffen zu entdecken und noch so viele
Geheimnisse in bereits bekannten Waffen zu finden. Ich glaube fast, ein Leben reicht dafür gar nicht aus.
Was fasziniert mich eigentlich am Kobudo?
Mit Waffen habe ich das Gefühl, dass mir endlos Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wie ich diese einsetzen kann. Mit einer schier endlosen Auswahl, die für jeden Tag genau das geben kann, was man sucht. Während ich das hier schreibe, bekomme ich schon wieder Lust, neue Sachen auszuprobieren und zu entdecken.
Die Kunst des Kobudo hat mich so gepackt, dass ich eine Ebene tiefer tauchen wollte. Es gibt für jede Waffe einen Kata, jedoch kaum Anwendungen für diese Katas. Also haben einer meiner Trainer und ich zusammen 10 Drills/Anwendungen erarbeitet, welche aus den zwei Tonfa-Katas inspiriert wurden. Diese Arbeit hat mir unglaublich Spaß gemacht, weil man so einmal diese Waffe mit ganz anderen Augen gesehen hat – Was sind alles für Bewegungen möglich? Aus welchen Winkeln können alles Angriffe kommen? Was machen, wenn eins der zwei Tonfa kaputt geht? etc. etc.
Eine Waffe, welche ich in persönlichen Nachforschungen entdeckte, die in die Reihen des Kobudo zählt, in unserer Schule jedoch nicht unterrichtet wird, ist – die Tekko.
Eine Art Schlagring, welche traditionell aus zwei Hufeisen hergestellt wurde, sie ermöglicht verstärkte Schläge, Schnitte, Stiche, Haken und Greiftechniken. Sie steht ziemlich weit oben auf meiner To-Do-Liste für die Jahre 26/27.
Letzte Herausforderungen und offene Ziele
Ganz nach dem Motto, mit Pauken und Trompeten untergehen, habe ich mir selber zum Abschluss zwei Challenges gestellt:
Einen 100 km Lauf (20.12.25, 07:00-22:30)
Eine 100-Kata-Challenge (30.12.25, 08:00-12:00, Kata: Seiyunchin)
Warum? Warum 2 Challenges? Warum 100 km? Warum Seiyunchin?
Nun… warum nicht? Ich stehe auf große Challenges. In der Erinnerung an eine bestimmte Zeit ist das, was zuletzt erlebt worden ist, meistens der Nachdruck, der einem im Gedächtnis bleibt. Ich möchte das Erlebte gerne als harte Zeit im Kopf behalten.
Sportlich gesehen hat mir die erlebte Zeit auch Ansporn für zukünftige Ziele gegeben:
-Meine Fähigkeiten im Tai Chi verbessern, Bereich Push-Hands und Lockerheit
-Pre- und Juniorenklassen weiter fördern & einen Junior bis zum Blaugurt begleiten.
-Meine Fähigkeiten in einem Wettkampf testen
Jeder junge (vor allem männliche) Kampfsportler/Künstler versteht es, wenn ich sage, ich möchte meine
Fähigkeiten mindestens einmal in einer Wettkampfsituation unter Beweis stellen. Hält mein Können unter Druck stand oder nicht. Es wird nicht in den nächsten paar Monaten sein, aber sicherlich in den nächsten 1-2 Jahren – meine Intuition sagt mir, die Zeit ist noch nicht reif.
Vor dem Antritt ins Deshi-Jahr bin ich mit meinem Meister zusammengesessen und wir haben eine Art Vertrag unterschrieben. Dort stand drin, was ich zu erwarten habe, was von mir erwartet wird und dann waren dort noch 3 leere Zeilen – eine für seine Unterschrift, eine für meine und eine für ein Ziel, das ich erreichen möchte. Das Ziel war, Blackbelt zu werden.
Dieses Ziel habe ich nicht erreicht. Fast jede Art von „Prüfungen“ oder „Ziel“ kann man wiederholen, wenn man es nicht geschafft hat. Dieses nicht – ich hatte einen Schuss und habe verfehlt. Trotz des Wissens, dass mich diese Erfahrung wahrscheinlich stärker macht, liegt der Schleier der Niederlage wie ein dichter Nebel über mir.
Da fällt mir eine Weisheit aus der biblischen Geschichte von David und Goliath ein:
„When God wanted to make David a king, he didn’t send him a crown, he sent him Goliath.“
Abschied und Ausblick
Dieser Bericht kann einer solchen Erfahrung, denke ich, nicht gerecht werden. Ich könnte noch so viel mehr schreiben, aber ich spüre, dass dieser Bericht langsam enden sollte.
Auf Empfehlung hin nehme ich mir einen Monat Auszeit vom Kushido, bzw. Martial Arts im Allgemeinen. Anscheinend benötige ich mehr Zeit, um das Erlebte verdauen zu können, oder vielleicht habe ich auch mehr abgebissen, als ich kauen kann. Meinen Fokus im Monat Januar setze ich vor allem aufs Dehnen, Lesen, Meditieren und Eisbaden.
Wenn ich die Chance hätte, noch einmal zu entscheiden, ob ich es mache, würde ich keine Sekunde zögern. Eine wahrlich einzigartige Zeit, die mich zu einem besseren Menschen geformt hat. Ich bin froh, diesen Schritt gewagt zu haben. Glücklich, etwas in meinem Leben gefunden zu haben, in dem ich mich entfalten kann. Eine Tätigkeit, die Blut und Schweiß von mir abverlangte… und noch mehr. Wie mein weiterer Weg als Martial Artist aussehen wird? Nun, da sich in meinem neuen Leben ein neues Kapitel öffnet, muss ich mich erstmal an einen neuen Rhythmus gewöhnen, aber ich werde definitiv weiter auf diesem Weg gehen.
Wer weiß, vielleicht habe ich mal die Ehre, selbst einen Deshi zu unterweisen?
„Heute besiege ich mein gestriges Ich. Morgen werde ich mein heutiges Ich besiegen.“
– Miyamoto Musashi
Leander Lawrenz
Deshi in KUSHIDO Stansstad
13.08.24 – 24.12.25

Frau und Mann – eine moderne (männliche) Sichtweise
Dies ist ein sehr komplexes Thema, das unsere Vorfahren bereits seit Anbeginn der Zeit beschäftigt hat. Ich beschränke mich in diesem Text bewusst auf eine moderne, männliche Sichtweise.
Für mich sind Mann und Frau zwei Teile eines Ganzen – ähnlich wie Yin und Yang. Wir haben unterschiedliche Sichtweisen, und genau diese Unterschiede können, wenn wir sie beide in unsere Betrachtung einbeziehen, unsere Perspektive erweitern und ergänzen. Diese scheinbaren Gegensätze sind nichts Negatives; im Gegenteil: Wenn man richtig mit ihnen umgeht, werden sie zu einer Bereicherung und schaffen Harmonie.
Der Homo sapiens hat Tausende Jahre in der Wildnis gelebt und die bekannte Jäger-und-Sammler-Phase durchlaufen. Diese Rollenverteilung basierte grob gesagt darauf, dass Männer meist jagten und Frauen sammelten – wobei ich eher davon ausgehe, dass die Einteilung nach körperlichen Fähigkeiten erfolgte. Das hatte zur Folge, dass die meisten Männer Jäger und die meisten Frauen Sammlerinnen waren. Der einfache Mensch jener Zeit hat sich vermutlich kaum Gedanken über Sexismus oder ähnliche Konzepte gemacht. Das ist eher ein modernes Phänomen. Die Archäologie wird in diesem Punkt von Jahr zu Jahr gespaltener, das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.
Eigentlich wollte ich eine rein moderne Sichtweise bringen, aber ich fand es wichtig, kurz zu erwähnen, woher wir kommen, um bestimmte Gedankengänge besser nachvollziehen zu können.
Je länger ich über dieses Thema nachdenke und schreibe, desto schwieriger wird es, es in klare Worte zu fassen. Früher ging man Partnerschaften ein, weil man „musste“ – das Leben und Überleben war ohne Partner für beide Seiten extrem mühsam. In der Sicherheit der modernen Welt ist das jedoch kaum noch nötig. Ich kann ein völlig normales Leben führen, ohne auf die Hilfe eines Partners angewiesen zu sein.
Damit bleibt vor allem ein Aspekt übrig: die Liebe. Und genau die fällt mir besonders schwer zu beschreiben. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht der größte Gefühlsmensch bin – und ich glaube, so geht es vielen Männern.
Ich bin fest davon überzeugt: Liebe „kommt“ nicht einfach. Liebe erarbeitet man sich gemeinsam mit seinem Partner. Zu warten, bis die Liebe auf den ersten Blick um die Ecke biegt, halte ich für genauso naiv, wie darauf zu hoffen, dass die Zahnfee noch vorbeikommt. Wenn man jemanden gefunden hat, mit dem man sich gut versteht, sollte man ein solides Fundament schaffen, auf dem sich die gemeinsame Liebe aufbauen lässt. Das heißt natürlich nicht, dass das immer klappt – es ist lediglich meine Vorstellung davon.
Hat man dieses Fundament einmal geschaffen, kann man eine gemeinsame Zukunft planen. Dabei stelle ich mir immer eine ganz einfache Frage des Zusammenlebens: Wer bringt was an den Tisch?
Früher, in der Jäger-und-Sammler-Zeit, brachte der Mann vor allem zweierlei ein: 1) Gejagtes – Fleisch, Felle und andere Ressourcen. 2) Schutz und Sicherheit für Familie und Stamm.
In der heutigen Moderne sind diese Dinge aber kaum noch vonnöten. Eine Frau kann auch ohne mich – oder ohne Männer im Allgemeinen – an Fleisch kommen. Und wenn sie sich ein Pfefferspray oder eine
Schusswaffe zulegt, kann sie sich gegen fast alles verteidigen. Also: Wofür braucht es mich noch in dieser Rechnung? Außer vielleicht zum Fortpflanzen...
Alles, was ich letztlich an den Tisch mitbringen kann, bin ich selbst. In meiner einzigartigen Kombination aus Fähigkeiten, Mindset, Stärken und Schwächen. Ich glaube, das Wichtigste ist, in einem Partner das passende Puzzlestück zu finden.
Ich finde es auf eine bestimmte Art sogar gut, dass man heute nicht mehr in einer Beziehung „muss“. Wenn man sich heutzutage für eine Partnerschaft oder Familie entscheidet, geschieht das aus freien Stücken – weil es für beide stimmt und weil man sich liebt. Nicht, weil man einen praktischen Vorteil daraus zieht.
Ich habe diese Frage noch nicht zu hundert Prozent verarbeitet. An dem Punkt im Leben, an dem ich gerade stehe, kann ich sie noch nicht mit Sicherheit beantworten. Aber allein dass ich mir intensive Gedanken darüber mache, wird sich später wahrscheinlich als gesunder Indikator erweisen. Es zeigt, dass ich nicht blind in etwas hineinstolpere, sondern bewusst und reflektiert suche – nach jemandem, der mich ergänzt, wie ich sie ergänze. Nach einer Verbindung, die freiwillig, stark und echt ist. Vielleicht ist genau das die moderne Antwort: Nicht mehr „brauchen“, sondern „wollen“. Und das macht alles wertvoller.

Monatsbericht Nr. 15 – Dojo Kuns


Meinen vorletzten Monatsbericht widme ich unserem Dojo-Kun, was ich darüber denke, wo ich es anwende, wo nicht & was er mir in meinem Leben gebracht hat.
Was ist das überhaupt, Dojo-Kun? Der Dojo-Kun sind „Verhaltensregeln“ oder besser Leitsätze, welche das Leben im und außerhalb des Dojos prägen sollen. Laut Geschichtsschreibungen soll der Dojo-Kun von Gichin Funakoshi (Gründer des Shotokan-Karate) erfunden worden sein. Etliche Jahrzehnte später findet sich in jedem traditionellen Dojo ein solcher Dojo-Kun. Die Sätze, Schreibweise und Reihenfolge variieren von Schule zu Schule. Im Kern reden jedoch alle vom Gleichen.

Dies ist der Kushido Dojo-Kun:
•    Sei bescheiden, höflich und ehrenhaft
•    Trainiere bestmöglich gemäß deiner körperlichen Veranlagung
•    Studiere und übe nur ernsthaft
•    Ein ruhiges und wachsames Gemüt bewirkt überlegtes Denken und Handeln
•    Gib acht auf deine Gesundheit
•    Führe ein einfaches Leben
•    Sei nie anmaßend
•    Sei unermüdlich und unaufhörlich in deinen Bemühungen trotz aller Hindernisse
•    Eliminate all ego

Da aus meiner Sicht solche Leitsätze viel Spielraum lassen und jeder etwas anderes unter den einzelnen Wörtern versteht, gibt es hier kein objektives „richtig“ oder „falsch“. Wenn ich mit meinem Gegenüber ein Gespräch führe und danach das Gefühl hatte, es war ein gutes Gespräch, kann mein Gegenüber trotzdem mit dem Gefühl gehen, ich wäre unhöflich gewesen. Ohne dass ich das überhaupt bemerkt hätte. Deshalb ist das hier eine subjektive Meinung und jeder Mensch versteht unter dem Gleichen etwas anderes.
Sei bescheiden, höflich und ehrenhaft
Dies sind für mich Leitsätze für außerhalb des Dojos. Wenn man mit fremden Leuten zu tun hat oder zusammenarbeitet, um einen guten Eindruck abzugeben. Bescheidenheit = Bodenständigkeit, ergo kein abgehobener Typ. Man begegnet anderen Leuten mit Respekt und auf Augenhöhe, das ist für mich höflich. Man soll dir/mir vertrauen können, nicht das Gefühl abgeben, man würde diese Leute bei der ersten Gelegenheit den Fluss runterschubsen, um selbst zu profitieren = ehrenhaft.
Trainiere bestmöglich gemäß deiner körperlichen Veranlagung
Jeder Mensch ist unterschiedlich, jeder hat andere Stärken und Schwächen – körperlich wie mental. Dieser Leitsatz ist mein Ausredenkiller. Das soll nicht bedeuten, dass man bei 40 Grad Fieber trainieren sollte, aber man muss auch nicht wegen jedem kleinen Wehwehchen im Bett liegen bleiben. Der Arm ist gebrochen? Okey, nimm dir 3–4 Tage Ruhe und dann kann man weiterhin zwei gesunde Beine trainieren oder Techniken, die nur den anderen Arm brauchen. Ich habe bei meinem letzten Marathon einen Rollstuhlfahrer gesehen, welcher 42 km ohne Hilfe in einer Top-Zeit absolviert hat! Also was ist mein Grund, zuhause zu bleiben?
Studiere und übe nur ernsthaft
Einer meiner Lieblingssätze. Wenn man einmal ein Auge dafür entwickelt hat, kann man es nicht mehr übersehen. Der Unterschied zwischen Leuten, die trainieren, und Leuten, die TRAINIEREN. Beide waren 1 h im Dojo, beide haben 1 h trainiert, doch nur einer hat wirklich trainiert und nicht 1 h so-so-lala bisschen hier, bisschen da. Das ist im Dojo sowie im echten Leben jederzeit anwendbar. Wenn man wirklich viel Zeit in etwas investiert, sollte man es lieber richtig machen, 110 % geben, sonst verschwendet man nur Zeit.
Ein ruhiges und wachsames Gemüt bewirkt überlegtes Denken und Handeln
Ebenfalls ein Satz, der mir außerhalb des Dojos mehr hilft. Der Verstand ist ein Teil von dir, genauso wie ein Arm oder Bein. Wenn dein Arm und Bein plötzlich anfangen, Sachen in die Hand zu nehmen, die man gar nicht möchte, oder irgendwo hinlaufen, wohin man gar nicht möchte, würde man alles daransetzen, das zu kurieren. Außer beim Verstand – da macht der Mensch eine Ausnahme und stellt sich als Opfer des unbezwingbaren Geistes dar. Damit will ich sagen: Viele sind „Opfer“ von Gefühlen, Reizen und Impulsen und sind nicht selbst Kapitän des eigenen Schiffes. Entscheidungen sollten getrennt von Gefühlen etc. getroffen werden können – sie können dabei helfen, Entscheidungen zu treffen, sollten uns aber nicht zwingen, sie zu treffen. Auch ich halte dies nicht 100% von der Zeit ein, das Wichtigste ist die Bemühung es umzusetzen.
Gib acht auf deine Gesundheit
Dieses Thema ist biologisch wie philosophisch so komplex, dass ein kleiner Monatsbericht eines Deshi dem gar nicht gerecht werden würde. Ich persönlich halte es mir in der Waage: Es gibt Bereiche, da lebe ich gesünder (z. B. Sport, Sauna, Eisbaden etc.) – und Bereiche, da lebe ich ungesund (z. B. Rauchen, Alkohol, Fast Food etc.). Das ist etwas, was jeder für sich selbst im Griff haben muss. Ich verbinde damit nur, dass man seine Gesundheit nicht wegwerfen sollte, indem man am Tag 3 Päckchen Zigaretten, 10 Bier oder 130 kg wiegt.
Führe ein einfaches Leben
Auch ein sehr schwieriges Thema – was heißt schon einfach? Für jeden Menschen von vor über 200 Jahren leben wir alle wie Könige und Fürsten. Jeden Tag so lange heiß duschen, wie man möchte, jede Musik der ganzen Welt hören, wann immer man möchte, im Winter immer genug zu essen und ein warmes Bett zu haben. Heute Standard, früher Luxus. Dieser Leitsatz ist für mich wie eine Art Erinnerung, dass man solche Sachen nicht vergessen darf wertzuschätzen und dass man Glück in den kleinen Dingen finden kann, wenn man danach sucht.
Sei nie anmaßend
Mit diesem Satz verbinde ich am wenigsten und finde ich auch schwierig zu verstehen. Vielleicht stelle ich eine Frage, die ich als gerechtfertigt finde – mein Gegenüber findet sie aber überaus anmaßend. Hier habe ich noch keine passende Brücke fürs Dojo oder ins echte Leben gefunden, da ich dieses Wort zu sehr mit höflich und Respekt verbinde. Da diese aber bereits vorkommen und hier extra noch einmal einzeln geschrieben steht, muss eine Bedeutung darin sein, die mir entgeht.
Sei unermüdlich und unaufhörlich in deinen Bemühungen trotz aller Hindernisse
Das Leben ist meist schwierig und kommt einem ungerecht vor. Steine werden einem in den Weg gelegt, gewisse Hürden werden immer größer, doch man darf sich von der schieren Übermacht des Hindernisses nicht überwältigen lassen, sondern sein Ziel weiterverfolgen und probieren, diese Hürden zu überwinden. Wenn ich trotz Bemühungen hinfalle, dann stehe ich wieder auf. Wenn es wieder passiert, stehe ich wieder auf – und wieder und wieder, bis es funktioniert. Und wenn ich sterbe und es trotzdem nicht geklappt hat, kann ich behaupten, es wirklich probiert zu haben. Falls ich es geschafft habe und nicht gestorben bin, werde ich dankbar sein, nie aufgegeben zu haben!
Eliminate all ego
Dieser Satz steht nicht auf unserem Dojo-Kun, er steht ganz hinten in unserem Kushido-Büchlein (ein kleines Büchlein, in welches die eigenen Level, besuchten Kurse etc. drin stehen). Ist aber genau so wichtig wie die anderen. Vor meinem Deshi-Jahr habe ich geglaubt, das verstanden zu haben, nun glaube ich erneut, es verstanden zu haben. Ich frage mich, wie lange es dauert, bis ich merke, dass ich es doch nicht verstanden hatte. Wenn mich vor meinem Deshi-Jahr im Club jemand angerempelt hätte, mein Getränk verschüttet und mich dann auch noch angepöbelt hätte, hätte ich das ohne Zögern versucht, mit Gewalt zu regeln. Wenn mir das heute erneut passieren würde, würde ich mich – obwohl ich nichts gemacht hätte – entschuldigen und mich vom aufbrausenden Gemüt meines Gegenübers nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mir ist es einfach nicht mehr wichtig, mich gegenüber jemandem wegen eines verschütteten Getränks und ein paar beleidigenden Worten beweisen zu wollen. Ich glaube, das heißt, sein eigenes Ego zu eliminieren. Trotz dieser Haltung werde ich nicht Jesus spielen und die zweite Wange auch noch hinhalten. Sobald es physisch wird, geht es eher Richtung Altes Testament – Auge um Auge und Zahn um Zahn.
Diese Leitsätze/Regeln sind bereichernd für jeden Menschen. Trotz dieses Wissens gebe ich zu, dass ich keine 24/7-Performance hinlege. Ich bin alles andere als perfekt und es gibt Momente, da verkackt man mal und lebt nicht nach dem Dojo-Kun. Aber das Ziel des Dojo-Kun ist auch nicht Perfektion, sondern das Streben danach. Wir sind nur Menschen, niemand ist perfekt, ALLE machen Fehler! Das ist auch kein Indikator, ob man ein guter oder schlechter Mensch ist. Wenn ich es so überlege, hat Musashi Miyamoto alles andere gemacht, als den Dojo-Kun zu befolgen – er kann jedoch behaupten, der war damals noch nicht erfunden.

   Monatsbericht Nr. 14  (Training, Atemtechnik und Ausdauer)

Schon wieder ist ein weiterer Monat verstrichen, und wir befinden uns im Herbst – die Zeit rennt.Im vergangenen Monat habe ich mir mehrere Podcasts von Wim Hof angeschaut, aka Mr. Iceman.Er hat mich dazu inspiriert, jeden Tag (heute Tag 18) ein Eisbad im See zu nehmen und 15 Minuten lang seine Atemtechnik anzuwenden – eine Methode, die weltweit an Universitäten geprüft und bestätigt wurde.
Beispiele: Entzündungshemmend, Beeinflussung des autonomen Nervensystems, Steigerung der Atemeffizienz etc.
18 Tage sind noch nicht wirklich viel, und eine große allgemeine Verbesserung habe ich bisher noch nicht erreicht. Auf den einzelnen Tag bezogen fühle ich mich aber jedes Mal fantastisch im Nachhinein. Ich kann mir gut vorstellen, dass mir das Meistern meines Atems auch in Trainings oder Katas zugutekommen wird.
In den letzten Wochen trainiere ich morgens wieder vermehrt Basics. Das ist eine tolle Möglichkeit, die gleichen Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten und andere Verbesserungen vorzunehmen, als ich sie vor einem Jahr korrigiert hätte.
Da meine Fähigkeiten mit mir zusammengewachsen sind, ist nichts mehr so, wie es einmal war. Da ich nun vermehrt „höhere“ Katas und Techniken mache, fällt mir immer öfter auf, wie ähnlich sie im Vergleich zu den „tieferen“ tatsächlich sind.Es wird zwar hier und da, von Höheren immer mal wieder erwähnt, aber man muss erst selbst an diesem Punkt stehen, um es wirklich begreifen zu können.
Jeder Kata hat bestimmte Anwendungen zu den jeweiligen Bewegungen. Diese wurden einmal festgelegt und vereinheitlicht, damit alle gemeinsam daran arbeiten können. Ich durfte nun bei Heian und Geki-Sai-Dai-Ichi neue Anwendungen entwickeln – wobei „neu“ vielleicht nicht das richtige Wort ist. Die Bewegung ist ja vorgegeben, aber ich habe mir Gedanken gemacht, was bestimmte Techniken bei unterschiedlichen Angriffen oder Fokuswechseln bewirken können.
Dies gibt ein umfassenderes Verständnis für die Bewegungen und den Körper. So fliessen sie noch einmal anders durch einen selbst hindurch. Wie bereits letztes Jahr, mache ich auch dieses Jahr wieder beim Swiss City Marathon mit. Diesmal hatte ich mehr Zeit, mich vorzubereiten, und ich hoffe, dass sich das auszahlen wird. Längere Strecken wie Luzern–Alpnach–Stansstad oder Höhenmetertraining mit dem Stanserhorn-Berglauf gehörten im letzten Monat zu meinem Programm.
Zur Erinnerung: Letztes Jahr hatte ich mit nur drei Wochen Vorbereitungszeit eine Zeit von 4h 27 min erreicht. Mein Ziel dieses Jahr ist es, unter 4 Stunden zu bleiben!
Bei dieser Vorbereitung habe ich meine alte Freude am Laufen wiederentdeckt. Lange Zeit hatte es mir keinen Spaß mehr gemacht, und ich sah es eher als Qual. Ich sehe den Marathon als Zwischenziel um mich danach an neuen Herausforderungen zu messen.

 

Edelsteine "Im Namen Gottes?" 

Machtmissbrauch
Es gibt, glaube ich, wenige Sachen, die so allumfassend und verbreitet sind wie Machtmissbrauch. In fast jeder Religion, Arbeit, jedem Hobby oder Familienverhältnis gibt es Machtmissbrauch. Nur die wenigsten Menschen werden von ihm verschont – entweder missbrauchen sie selbst ihre Macht oder werden von anderen herumgeschubst. Nicht jeder Machtmissbrauch ist prinzipiell schlecht, sollte jedoch einem gewissen moralischen Kompass folgen. Diesem Kompass klare Grenzen zu setzen, ist aber eine Sache der Unmöglichkeit. Wie kann eine Organisation, die für das Gute steht, solch skrupellosen Sachen verüben? Dieses Buch hat mir noch einmal verdeutlicht: Macht schützt immer nur sich selbst, nicht die Wahrheit.
Veränderung des Systems
Der Tod von Johannes Paul I. ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass es fast unmöglich ist, ein System von innen zu verändern. Geschlossene Machtstrukturen interessieren sich nicht für äußere Einflüsse; für die Aufrechterhaltung der Strukturen wird sogar über Leichen gegangen – komme, was wolle. Ich bin davon überzeugt, dass wahre Veränderung große Opfer mit sich bringt. Etwas verändern zu wollen, ohne etwas zu verändern, ist naiv.
Gier und Korruption
Nicht einmal sogenannte „Heilige“ sind von menschlicher Fehlbarkeit befreit. Es werden schöne Worte und Geschichten erzählt, die im Endeffekt leer sind oder an die nicht wahrhaftig geglaubt wird – Wasser predigen, aber Wein trinken. Was hat der Mensch nur für ein Problem mit Geld, Korruption und Gier? Schon vor Hunderten, wenn nicht sogar Tausenden Jahren bis heute dasselbe Problem – und unterm Strich kommt immer das Gleiche dabei heraus.
Vielleicht habe ich auch nur so ein Unverständnis, weil ich selbst nie viel Geld besessen habe. Aber dieses ständige mehr, mehr, mehr von materiellen Gütern, die mir keinen Mehrwert bringen, kann ich einfach nicht nachvollziehen. Natürlich braucht es eine gewisse Menge, wenn man für die Familie ein Haus kaufen möchte, ein hübsches Auto, genug zu essen auf dem Tisch und ein- bis zweimal im Jahr in die Ferien fahren möchte – das sei jedem gegönnt.
Aber wozu brauchen Leute ein Boot für 1,2 Milliarden Dollar, während andere kein Geld für das Essen ihrer Kinder haben?
Wann stirbt ein Mensch?
Stirbt ein Mensch, wenn er erschossen wird? Wenn er vergiftet wird? Wenn er einfach verschwindet? Nein, ein Mensch stirbt, wenn er vergessen wird. Solange Menschen sich an Johannes Paul I. erinnern – an seine Gutherzigkeit, seinen Willen, die Welt in eine positive Richtung zu lenken – solange dieser Impuls nicht vergessen wird, lebt Johannes Paul I. in jedem weiter, der sein Vermächtnis trägt.
Widerstand
Wenn solche Dinge passieren – jemand, der die Welt positiv verändern wollte, wird aus dem Weg geschafft – und man ist (noch) nicht bereit für einen gewaltsamen Aufstand, dann ist das Reden, Schreiben oder Verbreiten in jeglicher Art die beste Form des Widerstands.
Widerstand gegen Erpressung, Verschleierung, Angst und Schweigsamkeit.

Monatsbericht Nr. 13 - Letzte Phase, neue Erfahrungen

Ich durfte in eine neue und letzte Phase meines Deshi-Seins starten – ganz nach dem Motto: "Same same but different." Irgendwie ist alles wie vorher, und trotzdem ist alles anders. Anfangs habe ich alles vom vergangenen Jahr repetiert, auf das gleiche Niveau angehoben, um nun Vollgas weitermachen zu können.

Das erste neue Thema war bzw. ist Abhärtung. So simpel es auch klingt: jeden Tag 20–30 Minuten lang einzelne Schläge auf das Makiwara (Schlagpfosten) oder den Sandsack. Nach dem ersten Tag hatte ich bereits meine Fäuste offen und voller Blut. Das zeigte mir, dass ich zu viel Bewegung in meinem Schlag hatte – es zwang mich dazu, meine Technik zu überarbeiten und gab mir ein komplett neues Gefühl beim Schlagen. Doch es war erst ein Tag vergangen, und meine Fäuste waren – wie gesagt – bereits offen. Hier kam das Stichwort Abhärtung ins Spiel.

Es schmerzte und brannte bei jedem Schlag. Jeden Morgen wieder alles voller Blut, im Wissen, die nächsten 20–30 Minuten den Schmerz zu akzeptieren. Diese Erfahrung war genau das, was ich mir vor dem Deshi-Jahr vorgestellt hatte – und ich habe es so gut es ging „genossen“.

Eine neue Kobudo-Waffe wurde ebenfalls in mein Training aufgenommen: das Sai. Eine spezielle, komplizierte, aber auch sehr schöne Waffe, deren Training sich wirklich lohnt. Vom Gewicht und Handling her ist sie einmalig und erfordert viel Training für Handgelenke, Unterarme und Finger.
Da ich vor über einem Jahr noch nicht geplant hatte, dieses dritte Semester zu machen, hatte ich bereits Ferien gebucht, die ich dann auch antrat. Naja – wäre ich mal lieber hier geblieben. Ich war eine Woche segeln bei Lanzarote, einer „kleinen“ Insel im Atlantik nahe der Westsahara. Ich habe herausgefunden, dass ich seekrank bin – und so war dementsprechend fast jeder Tag beschissen für mich. Doch auch das war eine Erfahrung, und ich weiß nun, dass ich kein Seefahrer werde. Die Vulkaninsel selbst war jedoch sehr schön, und auch die Wellen und der Wind des Atlantiks zu spüren, war eine tolle Erfahrung. Sie hat einem wieder einmal die Kraft von Mutter Natur vor Augen geführt.
Ich bin weiterhin voller Vorfreude auf alles, was noch kommt!

   Der lange Weg zum Original – Reflexion nach einem Jahr eines Deshi

 Wow – wie schnell ist dieses Jahr bitte vergangen. Kaum angefangen, und schon wieder vorbei. Da ich das nun realisiere, bin ich umso froher, dass ich noch ein halbes Jahr dranhängen darf.

"The scariest place to be is the same place as last year." – Silvia Mordini

Ich finde, dass ich diesen Satz umgesetzt habe. Ich bin keinesfalls noch am selben Ort wie letztes Jahr – weder physisch noch mental. Viel ist passiert: viele neue Erfahrungen, spannende Gespräche und wertvolle Erkenntnisse konnte ich für mich gewinnen.

Alles hier niederzuschreiben, was im letzten Jahr geschehen ist, würde den Rahmen eines einfachen Berichtes sprengen – deshalb beschränke ich mich auf die für mich vier wichtigsten Säulen.

– Loslassen ist der Schlüssel

Dies war eine meiner ersten Lektionen, die ich lernen durfte. Loslassen von körperlicher Anspannung, von vermeintlichem Wissen, von schlechten Angewohnheiten, alten Mustern oder festgefahrenen Kata-Formen. Gerade in Bezug auf körperliche Verspannung und Steifheit habe ich im letzten Jahr große Fortschritte gemacht. Zwar bin ich noch nicht da, wo ich sein könnte – aber ich bin schon ein gutes Stück näher dran. Manche schlechten Gewohnheiten konnte ich leider noch nicht ganz ablegen – ich rauche immer noch und verbringe unnötig viel Zeit am Handy. Aber ich erkenne zunehmend, wann es "falsch" ist, und bleibe dran, diese Muster abzulegen.

– Selbsterkenntnis

Die Reflexion darüber, was für ein Mensch und was für ein Lehrer man sein möchte, ist essenziell – nicht nur im Karate, sondern im ganzen Leben. Ich glaube, dass sich nur wenige aktiv mit dieser Frage auseinandersetzen – oder vielleicht denke ich das nur, weil es bei mir so war. Meine persönliche Antwort auf diese Frage werde ich nicht aufschreiben – sie gehört mir allein.

– Der Weg als Ziel

Wandel findet ständig statt – er ist ein Prozess, der Zeit braucht. Manchmal ist es frustrierend, denselben Fehler nicht sofort korrigieren zu können.

Doch echtes Wachstum sieht man nie im Moment – erst im Rückblick. Wie wenn man nach einem Jahr plötzlich wieder die alten Hosen anzieht und merkt: Da hat sich was getan.

Ich finde, dieses Mindset konnte ich mir im vergangenen Jahr aneignen. Es stresst mich nicht mehr, etwas nicht sofort zu können. Es muss auch nicht morgen klappen – ich arbeite daran, bis es sitzt. Denn nur während des Prozesses kann man wirklich lernen und ein Fundament aufbauen. Was man schnell lernt und wenig wiederholt, ist meist ebenso schnell wieder vergessen.

– Lehren und Lernen

Ich durfte viele Erfahrungen als Lehrer sammeln – durch das Unterrichten von Kinderklassen, Erwachsenengruppen, Wochenendkursen und beim Leiten von Prüfungen. Nach fast jedem Training bekam ich Rückmeldungen von Senseis – was gut lief, was nicht. Durch diese Rückmeldungen und meine eigene Einschätzung konnte ich in den letzten Wochen einige sehr gute Trainings geben.

Unterrichten ist etwas Besonderes – Werte und Wissen weiterzugeben, fühlt sich bereichernd an. Dabei lernt man die Techniken selbst noch einmal neu – aus einer anderen Perspektive. Denn es werden nicht nur Fragen gestellt, die man selbst nie hatte, man muss auch lernen, Fehler zu erkennen und zu verstehen, warum sie passieren. Das wirkt auf einer anderen Ebene auch nach innen zurück.

Wie bereits erwähnt, könnte ich noch viel, viel mehr darüber, schreiben, was ich im vergangenen Jahr alles lernen durfte. Aber es soll noch ein Bericht und kein Roman sein.

– Zahlen, Fakten, Fortschritt

Da ich persönlich ein sehr rationaler und logisch denkender Mensch bin, habe ich zusätzlich ein paar Zahlen gesammelt, um diesem Jahr auch auf faktischer Ebene Nachdruck zu verleihen.

229×      Morgentraining mit Hanshi oder Renshi
411×      Abendtraining in der regulären Klasse
108×      Tai Chi / Qi Gong Training
 11×       Neue Katas gelernt (inkl. Kobudo)
              Naifunchin, Seiyunchin, Shisochin, Jo 20er, Jo 31er, Bo 2, Bo 5 Elements, Nunchaku 1,
              Nunchaku 2, Tonfa 1, Thai Chi Schwertform
 33×       Neue Kata-Anwendungen gelernt (inkl. Kobudo)
              8x Saifa, 6x Naifunchin, 8 Seiyunchin, 9x Shisochin, Jo 13er Anwendung, Peigan Kumibo
  9×        Neue Drills gelernt
              Heishu-, Kihon-, Kansetsu-, Jodan-, Shiho-, Ashi-, Morote-, Ushiro-,Gyaku-Waza)
  5×        Neue Waffen kennengelernt
              Escrima, Nunchaku, Tonfa, Schwert, Messer
 13×       Bücher gelesen
              1) Illusions
              2) Die richtige Flughöhe
              3) Der Alchemist
  -          Jonglieren gelernt
  -          Ein Nunchaku selbst gebaut
  -          Dehnbarkeit deutlich verbessert

Dies sind nur die Dinge, die ich vor dem Jahr noch nicht beherrschte.
Nebenbei konnte ich alles, was ich schon zu wissen glaubte, noch einmal neu lernen und auf ein völlig neues Niveau bringen.
Ich bin wirklich froh, diesen Weg gewählt zu haben. Das Wissen, das ich lernen durfte, und die Erfahrungen, die ich mitgenommen habe, werden mich mein Leben lang begleiten – und niemand kann mir das je wieder nehmen.

Wie ich bereits in meinem allerersten Monatsbericht geschrieben habe:

„Ich werde hoffentlich eines Tages zurückblicken und mir dafür danken.“

Und das tue ich.

Ich bin sehr gespannt darauf, was das nächste halbe Jahr noch für mich bereithält.

Original statt Kopie  (Monatsbericht Nr. 11)

Eigentlich wäre dies mein vorletzter Monatsbericht gewesen. Doch wie das Leben nun mal ist, kann man nichts mit Sicherheit planen – weshalb ich mich entschieden habe, ein halbes Jahr länger der Aufgabe des Deshi zu widmen. Ich finde es genial, dass mir diese Möglichkeit geboten wurde, und werde diese Zeit aktiv nutzen.
Ende Juni fanden wieder die Karateprüfungen statt – für die Kinder sowie die Erwachsenen. Die Kinder- und zwei von drei Erwachsenenprüfungen durfte ich „leiten“. Die Erfahrungen der letzten Male haben sich bezahlt gemacht, und ich habe erneut dazugelernt – insbesondere für zukünftige Prüfungen. Die Wortwahl ist entscheidend: Man soll nicht immer dieselben Begriffe verwenden und einen guten Mix finden mit strengen körperlichen Übungen aber so dass die Prüfung nicht darunter leidet.
Bei der letzten Erwachsenenprüfung, der Braungurtgruppe, durfte ich selbst noch einmal zeigen, was ich draufhabe. Situativ war ich mit meiner Leistung zufrieden, jedoch noch nicht da, wo ich gerne wäre.
Ich begreife den Satz „Leb deinen Kata“ immer mehr: sich zunehmend vom reinen Ablauf bzw. der äußeren Form zu lösen, keinen Ablauf oder keine Person zu kopieren. Auch die beste Kopie – so gut sie auch sein mag – bleibt eine Kopie. Mein Ziel ist es, ein Original zu sein. Nicht nur im Karate, sondern im ganzen Leben.

Das jährliche Gashuku hat Anfang Juli stattgefunden, und ausgerechnet an meinem Geburtstag hat es begonnen. Es war wie jedes Jahr bereichernd, Teil des Gashuku zu sein: sich eine Woche lang mit Gleichgesinnten der Tiefe der Kampfkunst zu widmen und gemeinsam voranzukommen. An kleinsten Details zu arbeiten, macht nun mal den Unterschied zwischen gut und sehr gut. Die guten Gespräche, der Circle Dance, die lustigen Momente, lange Spieleabende und Wasserschlachten machten die Pausen zwischen den Trainings zu einem Erlebnis. Dieses Jahr hat sich die körperliche Intensität, für mich, nicht so angefühlt wie in den Jahren zuvor. Wahrscheinlich liegt das am Deshi-Sein, da ich im Gashuku nicht viel mehr trainiere als sonst – nur der Schlaf ist weniger. Zum großen Highlight wurde ich am letzten Abend zum Braungurt befördert! Ein großer Meilenstein – damit steht das nächste Ziel schon fest. Im vergangenen Monat habe ich mich noch intensiver mit Escrima beschäftigt. Neu habe ich Hebeltechniken und Entwaffnungen gelernt, die in Drills oder Randori integriert werden können. Das hat mir völlig neue Wege in der Handhabung eröffnet. Ebenfalls durfte ich mich in der „alten“ Escrima-Kunst versuchen, bei der ein Escrima-Stock und ein Messer geführt werden – das hat seinen ganz eigenen Charme. Da Escrima bei uns noch keine Kata hat, habe ich mich dieser Aufgabe angenommen und einen Bewegungsablauf aus verschiedenen Drills zusammengestellt. Er ist noch bei weitem nicht perfekt, aber ich sehe Potenzial.

   Der Weg ist das Ziel (Monatsbericht Nr. 10) ​

Mein Deshi-Jahr neigt sich langsam Richtung Ziel. Je länger ich es mache desto mehr spüre ich die Verbindungen und Parallelen zwischen bestimmten Kata, Grundschule, Waffen und Drills. Es ist verknüpft, wie ein Spinnennetz und wenn du es an einem Ort verstanden hast, kannst du es einfach übertragen. So vervollständigt sich das Puzzle immer mehr und wird zu einem einheitlichen Bild. 

Ich habe bis jetzt ein paar Erwachsenen Klassen geleitet und darf in nächster Zeit noch weitere Übernehmen. Diese machen mir Spass zum Planen und umzusetzen. Ich lerne bereits meinen Zeitplan spontaner zu gestalten und lieber eine Übung auch mal länger als geplant machen damit diese auch sitzt, anstatt sich strikt an den Plan zu halten. Kinder unterrichten ist wichtig jedoch finde ich es angenehmer Erwachsenen Klassen zu leiten. Da diese bereits Erfahrung mitbringen und ein Level auf dem Arbeiten kann. 

Nebst dem Karate lese ich auch gerne und spiele ab und zu gerne eine Partie Schach. Da durfte ich mir, im vergangenem Monat, bei einem kleinen Gemeinde Schachtunier den 3. Platz sichern. Ich finde den 3. Platz besser als den 2. Platz, den als 2ter hätte ich mich viel mehr drüber geärgert nicht 1ster geworden zu sein. Nächstes Turnier ist der Sieg mein Ziel. 

Mit jeder Woche habe ich ein besseres Gefühl im Seiyunchin (Kata), es fühlt sich immer mehr nach Inhalt und immer weniger nach einer Form an. Das Feeling der Anwendungen mit dem Fluss des Katas verbinden, ist die wahre Kunst. Die letzten 5% eines Katas benötigen mehr Zeit und Übung als die 95% davor. Dieser schmale Grat zwischen scharfen und klaren Techniken, ohne dabei den Fluss und die Lockerheit zu verlieren. 

Dieses Ziel zu erreichen, wird jedoch nicht von heute auf morgen passieren. Auch nicht von dieser Woche auf nächste Woche. Es ist wie grosse Steine zerbrechen, man haut 99x drauf und es passiert nichts. Beim 100x Schlag bricht er plötzlich, doch es war nicht der letzte Schlag, der den Stein gebrochen hat, es waren alle 100 Schläge zusammen. 

Mein Ziel: Ich werde mein Können im Kobudo die letzten Monate noch einmal auf ein neues Level heben.

Deshi Monat 9  "A comfort zone is a beautiful place, but nothing ever grows there" 

Auch diesen Monat durfte ich wieder Erfahrungen im Unterrichten sammeln. Meistens reicht die Zeit im Training nicht aus für alles, was man anschauen möchte, deshalb ist es umso wichtiger das man die Zeit effizient nutzt. Ausserdem finde ich je grösser der Abstand der Level ist, desto schwieriger ist es alle gleich zu fordern. Ich habe das Gefühl meistens sind die tiefen Level überfordert oder die hohen Level unterfordert. Dort einen gemeinsamen Nenner zu finden wäre die Lösung. Ich durfte, diesen Monat, die Erfahrung von meinem ersten Downhill machen und es war wirklich geil! Ein paar Mal hatte ich schon fast abgeschlossen und konnte den Schmerz quasi spüren, schlussendlich ist zum Glück aber doch nichts passiert. Das Geheimnis war locker zu bleiben, ein gutes Gleichgewicht und Vertrauen zu haben.
Seit einigen Wochen widme ich mich nun dem Seiyunchin (einem neuen Kata). Dieser Kata ist nicht nur sehr schwierig zum Ausführen, ich finde ihn auch sehr ästhetisch. Er drückt genau unseren Stil Gojo aus, eine Mischung aus Hart/Weich.
Sonst war dieser Monat so "normal" wie er als Dechi halt sein kann, viel Repetition nur um kleinste Fehler zu korrigieren. Wie zum Beispiel beim Nunchaku Dai Ich dass das Nunchaku beim Schwingen in die Hand schwingt und nicht die Hand das Nunchaku holt. Aber genau das macht den Unterschied von Gut und sehr Gut aus. Den Hauptteil meines Selbsttrainings widme ich mich dem Kobudo, wenn ich mit Waffen trainiere habe ich das Gefühl es besser fliessen lassen zu können, als wenn ich "nur" mit dem Körper trainiere. Jetzt muss ich dieses Gefühl nur noch mitnehmen.
Mitte Monat war noch das jährliche Karate Weekend, welches wie immer sehr Spass gemacht hat. Das gemeinschaftliche Training, kochen und lachen war wie immer eine Bereicherung und es bereitet direkt Vorfreude auf das Gashuku im Sommer.

Deshi Monat 8  (Das Pareto Prinzip) 

Ich hatte diesen Monat die zum ersten Mal die Gelegenheit eine Erwachsenenklasse zu unterrichten. An einem Samstagmorgen haben sich 14 Personen bereit erklärt einen Escrima Kurs bei mir zumachen. Selbst zu unterrichten und Wissen weiterzugeben ist etwas tolles, aber auch das so Viele gekommen sind, war für mich eine gute Rückmeldung und zeigt mir, dass ich so etwas noch einmal machen werde. 
Die Escrima (zwei Kurzstöcke) werden zu zweit praktiziert, wobei auch schnellere Bewegungsabläufe dabei sind, wenn man Sie einmal drauf hat. Wenn eine (oder beide) einen Fehler machen funktioniert der Ablauf nicht mehr. Zwei dieser Abläufe haben sich zurzeit so in meinen Körper eingebrannt das ich mit völliger Selbstsicherheit sagen kann ich übe diese Fehlerfrei aus & falls ich doch einen mache merke ich dies direkt. Ein tolles Gefühl welches ich noch nicht oft hatte. 

Erneut hatte ich im vergangenen Monat die Ehre die Kinder bei ihrer Prüfung anzuleiten. Einige hatten erst in diesem Jahr begonnen und nun stehen sie an der Prüfung vor mir und zeigen, was sie draufhaben. Um danach dann den ersten Strich an den Gurt zu nähen. Obwohl ich selbst keine Prüfung hatte, konnte auch ich davon profitieren auf meinem Weg. 

Dienstags abends ist immer ein spezielles Themen Training & diesen Monat machten wir Randori. Diese waren nicht nur sehr intensiv, sondern auch äusserst spannend & ein wenig blutig. Es war eine tolle Gruppendynamik und wir haben uns gegenseitig zu höher Leistung angespornt, ein kompetitives Miteinander. Mein Randori im Allgemeinen hat sich durch diese Trainings deutlich verbessert.  

Ich fühle mich dem Paretoprinzip oder auch der 80/20 Regel immer verbundener. Dies besagt das 80% des Erfolgs mit nur 20% Aufwand erreicht werden kann, aber die Restlichen 20% des Erfolgs erfordern 80% Aufwand. Dies kann auf fast alles im Leben angewendet werden, bei Katas oder im Kobudo spüre ich es gerade am meisten. Dort reicht mir "gut" nicht mehr. Prinzipiell empfinde ich dies aber als etwas gutes, Selbstzufriedenheit ist ein zwei schneidiges Schwert. 
 

Deshi-Ship Monat 7  ("Steter Tropfen höhlt den Stein")​

Die Kunst des Kobudo fasziniert mich immer mehr und je mehr ich sie beherrsche desto mehr merke ich wie viel noch fehlt. Es gibt Tage da komme ich voran und Tagen an denen spüre ich den "Flow" einfach nicht den es braucht. Da kommt die schöne Vielseitigkeit dieser Kunst zum Glänzen, funktioniert heute das Nunchaku nicht dann nehme ich einfach die Tonfas. Trotz anderer Waffe in der Hand trainiere ich immer die gleichen Prinzipien, welche man auch in die anderen Waffen übertragen kann. Seit einiger Zeit übe ich nun auch eine inoffizielle Kobudowaffe die "Escrima". Dies sind zwei Kurzstöcke, welche einiges an Geschick, Taktik und Reaktion verlangen. Mit dieser Waffe trainiere ich kurze knackige Partnerabläufe, bei welchen man stets spontan sein sollte.  Im Kapitel Kobudo habe ich noch zwei Seiten nicht angeschaut das "Sai" und die "Kamas", ich freue mich, wenn es soweit ist. 

Im vergangenen Monat habe ich meine ersten zwei Junioren Trainings leiten dürfen und bin zufrieden mit den Ergebnissen. Da ich ein Kumite Fan bin wollte ich dies den Jugendlichen näherbringen, am Anfang gemeinsame Übungen zum Aufbauen und danach die Klasse aufgeteilt für Ippon und Sanbon Kumite. Dies alles mit ein wenig Krafttraining kombiniert und dann war die Lektion auch schon fertig. Dort habe ich gemerkt, dass man sich auf ein paar Dinge festlegen muss, da eine Lektion nicht ausreicht für alles was man machen möchte.

Ebenfalls hat sich die Kushidofamilie im vergangenen Monat näher zusammen gefunden. Sei es mit den Abendlichen Tee Runden bei denen oft noch über eine Stunde zusammen geredet und gelacht wird. Der gemeinsame Ski-Tag der allen sehr Spass gemacht und auf jeden Fall wiederholt wird oder durch gemeinsame Tage und Nächte an der Fasnacht, an denen viel getanzt und gelacht worden ist. Solche Events sind immer toll mit zu erleben und man freut sich stets aufs nächste Mal.

Veränderung (Monatsbericht 5 + 6)

 

Nach dem Jahresabschluss 2024 hatte ich Deshi-Ferien, welche ich benutzte, um meine Familie in Deutschland zu besuchen. Die restlichen Ferien habe ich investiert um das Dojo einmal komplett weiss zu streichen. Den Aufwand dieser Arbeit habe ich massiv unterschätzt, ich dachte dies wäre in 2-3 Tagen erledigt...weit gefehlt. Auch sonstige kleine Änderungen sind in den Ferien passiert. 

So dass beim Trainingsstart, im Januar, nicht nur das Dojo, sondern auch ich mit einem neuen Look starten durften. Bei der Abschlussparty wurde ich nämlich zum Grüngurt befördert, da dies mein erster Gurtwechsel war, war die Freude natürlich gross. Da ich nun einen neuen Gurt hatte, verstand ich nun endlich was mir all die Jahre gesagt wurde "Gurt ist zweitrangig». Ich war trotz anderem Gurt der Gleiche wie vorher, die gleichen Kicks, die gleichen Techniken ich wurde weder besser noch schlechter dadurch. 

Nun bin ich schon fast ein halbes Jahr dran und ich merke das der Weg "steiniger" wird. Die Hürden werden grösser, die Fortschritte sind nicht mehr so schnell wie am Anfang. Man hat von Level 10 auf Level 20 länger als von Level 0 auf Level 10. Das Wichtigste ist einfach weiter machen, auch wenn der Fortschritt nicht immer am gleichen Tag oder in der gleichen Woche ersichtlich ist. Denn Vorwärts geht es immer. 

Ich habe eine neue Waffe angefangen zu trainieren, das Nunchaku und dies zu lernen/meistern macht mir wirklich Spass. Es ist koordinativ sehr fordernd und man bekommt eine schnelle Rückmeldung. Wenn man es falsch schwingt oder keine Aufmerksamkeit in beide Hände gibt, macht es schnell weh bzw. man spürt auch das etwas nicht richtig ist. Ich geniesse jede Minute, welche ich ins Nunchaku investiere, und hoffe das es weiterhin so gut funktioniert wie bisher!

Da ich nun gut in der Halbzeit bin mache ich einen kleinen Blick zurück. In diesem halben Jahr finde ich habe ich es bereits weit gebracht und damit meine ich nicht Formen oder neue Abläufe, sondern ich habe mich physisch und psychisch auf ein neues Level gehoben. Ich habe fantastische Bücher gelesen, welche mir einen neuen Blickwinkel gegeben haben und werde noch einige mehr zu lesen haben. 

Ich bin gespannt und offen dafür, wo die Reise noch hingehen wird.
 

Lenny hat an der Abschlussfeier den Grüngurt erhalten.

Jede Prüfung ist ein Spiegel (Deshi-Monat 4) 

Diesen Monat fanden wieder die halbjährlichen Prüfungen statt und zum ersten Mal durfte ich bei der zweiten Gruppe mitmachen (welche für Grün- & Braungurt ist). Mich motiviert so etwas, da ich das Gefühl habe in der grossen Liga mitmachen zu dürfen. Das Konzept der Prüfungen hatte mich Anfangs ein wenig gestört, da trainierte man mindestens ein halbes Jahr & war dann zu aufgeregt, hatte schlecht geschlafen, den Fuss verstaucht etc. etc. Obwohl es im Training sonst meist immer gut ist, schafft man es in diesem einem Moment, wo es darauf ankommt, einfach nicht die gewünschte Leistung zu erzielen. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr empfand ich eine Prüfung aber als ein "realistisches" Training. Damit mein ich nicht die Techniken oder Kata die man vorzeigt, sondern den Kern der Prüfung. Niemand wünscht sich eine bedrohliche Situation, trotzdem glaube ich das wir uns alle wünschen uns im Notfall verteidigen zu können. In einer solchen Situation bekommt man meist nur 1 Chance und diese muss sitzen. Unabhängig davon, ob man zu aufgeregt ist, zu wenig geschlafen hat, der Fuss verstaucht ist etc. etc. muss man in diesem Moment das Beste aus einem herausholen. Egal ob an der Prüfung, in Selbstverteidigung oder im Randori, wenn der gleiche Kick 1000x trainiert wird & im Moment, in dem er gebraucht wird, nicht funktioniert sitzt er noch zu wenig. 

Eine Woche nachdem ich selbst Prüfung hatte, durfte ich die Kinderprüfungen zählen, dies empfinde ich als eine grosse Ehre. In den Trainings mitzuerleben, wie sich die Kinder Mühe geben, schwitzen & sich verbessern. Wie sie dann danach das gelernte an der Prüfung zeigen und nach erfolgreicher Prüfung den nächsten Level erhalten, erfüllt mich mit Stolz. Jeder der schon einmal trainiert hat weiss, dass ein guter Lehrer mit seiner Stimme & seiner Ausstrahlung Leistung aus einem herausholt von der man nichts wusste. Ich hoffe dies ist mir hier ebenfalls gelungen und ich konnte von diesem Morgen viel profitieren.
Dies ist der letzte Monatsbericht für das Jahr 2024, diesen Freitag ist die berühmte Kushido Abschlussfeier mit Circle Dancing und Buffet, auf das ich mich freue. Ich bin glücklich auf welchem Weg ich bin und glaube gut vorwärtszukommen. 
Ich bin sehr gespannt darauf was 2025 für mich bereit hält. In diesem Sinne, wünsche ich allen ein frohes neues Jahr voller Freude und Gesundheit.

 

Jeder ist seines Glückes Schmied (Deshi-Monat 3)

Passend zum Buch welches ich gerade fertig gelesen habe "Der Pfad des friedvollen Kriegers", habe ich diesen Monat über "Budo" nachegdacht. Es gibt mehr als eine Übersetzung die für das Wort gebraucht wird. Welche mir am meisten hängen geblieben ist, ist "Der Weg des Schwertes, das nie benutzt wird". Ich erinnerete mich daran, dass mein Meister mir einmal erzählte:"In Kushido wirst du zu einem Schwert geformt." 

Als Weissgurt beginnt die Suche des Metalls, mit dem Grüngurt wird das Erz ausgewählt. Ab dem Braungurt fängt man an den Stahl zu erhitzen, zu hämmern & zu falten. Beim 1. Dan wird es nocheinmal erhitzt, gehämmert und geformt. Danach beim 2. Dan wird das Schwert gehärtet & beim 3. Dan geschärft. Zum Schluss beim 4. Dan wird es poliert. Früher wurden Schwerter an noch an Gefangenen getestet, die moderne Variante sind Reisbüschel oder Bambus.
Ich finde diese Beschreibung sehr passend. An Tagen an denen das Training nicht ganz oben auf der Prioritätenliste steht trotzdem zu trainieren, auch wenn man die Ergebnisse erst nächste Woche, nächsten Monat oder erst nächstes Jahr sieht, zeigt von Stärke. Gute Sachen benötigen Zeit, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Über die letzten Monate sind ein paar Umbauten im Dojo umgesetzt worden & so wie sich das Dojo wandelt, wandle auch ich mich. Wandel ist wichtig, es gehört zum Leben und ist unvermeidbar. Ich lebe mich immer mehr in Dojo Alltag ein und schätze jede Minute. In der japanischen Lebenseinstellung "Ikegai" beschrieben sind es die kleine Sachen welche man wertschätzen soll z.B. das privat Training jeden Morgen, die Kinderklassen, die Atmosphäre in der Abendklasse oder das gemeinsame Tee trinken nach einem guten Training.Alleine wäre ich niemals soweit gekommen & ich danke allen Menschen die mich auf dieser Reise unterstützen. Ihre Zeit, Schweiss, Geld & Geduld weiss ich wirklich zu schätzen. 

 

Warum Karate? (Dechi-Ship 2 Monat)

Das Sprichwort "Time is flying by" finde ich hier sehr passend, es sind schon zwei Monate vergangen...Ich fühle mich irgendwo zwischen, ich habe schon so viel erlebt & doch stehe ich erst am Anfang. Es gibt gute Tage, es gibt schlechte Tage, Tage an denen habe ich viel Motivation und Tage an denen habe ich kaum Motivation. Doch wichtig ist immer das Jetzt unabhängig meiner Gefühle.

-Lebe, als wäre dies dein letzter Tag & doch plane, als würdest du ewig leben-

Ich durfte die ersten Checkpoints bereits hinter mir lassen, welches einem immer wieder aufzeigt das es vorwärts geht. Diesen Monat habe ich nebst dem Sport, mich auch mit der Herkunft und Tradition auseinandergesetzt. Ebenfalls durfte ich intensiv in die verschiedenen Angriffs- und Verteidigungstechniken eintauchen. Wenn man mal in dieses "Rabbit hole" geht und sich hinterfragt z.B. "warum mache ich A & B und nicht X & Y" bringt dies ein tieferes Verständnis und ein Gefühl Karate nicht zu machen, sondern zu verstehen.

Durch das Wöchentliche unterrichten in der Kinderklasse setzt man sich ebenfalls mit der Grundschule noch einmal anders auseinander, dies empfinde ich aber nur als positiven Bonus das was mir wirklich Freude bereitet ist das Unterrichten, Werte weitergeben, Erfolg und Fortschritt beobachten und einen Teil dazu bei geben können fühlt sich sehr erfüllend an.

Wenn man jemanden etwas lehrt, ist man logischerweise ein Lehrer, wie schon alle erfahren durften gibt es solche und solche Lehrer. Die Frage "Was für ein Lehrer möchte ich sein?" Ist auf den ersten Blick relativ einfach und würde man mit "ein guter" oder ähnlichem beantworten, auf den zweiten Blick finde ich dies sehr persönlich den weiterführend ist die Frage für mich gleichgestellt mit "Was für ein Mensch möchte ich sein?" Ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie intensiv mit dieser Frage beschäftigt und empfand dies zu beantworten als einen weiteren Schritt auf einer langen Reise.

Ich habe bereits mit meinem Meister darüber philosophiert, das Gefühl, wenn man etwas macht oder etwas in die Hand nimmt und direkt spürt "Das liegt mir oder das kann ich" man kann es auch Talent nennen. Ich musste zugeben das ich dieses Gefühl noch nie hatte, es gibt nichts, was ich je gemacht habe das mir irgendwie gelegen ist oder in dem ich talentiert war. Nie schlecht aber von gut weit entfernt, immer Durchschnitt. Ja auch im Karate finde ich mich nicht talentiert und dann noch ein Stil, der fast ein Gegenteil meiner Persönlichkeit ist. Also warum mach ich es dann? Warum nicht Boxen, Kickboxen oder MMA? Wäre ich dort vielleicht talentierter? Ich glaube es nicht und um ehrlich zu sein kann ich diese Frage nicht richtig mit Worten beantworten, ich kann nur sagen mein Inneres/Herz zieht mich hierhin, spürt vielleicht das hier mein Platz ist. Gerade weil dies ein Gegensatz zu meiner Persönlichkeit ist, ist es perfekt. Ich vs. Ich.

Mit jedem Training, jedem Buch und jedem Tag, den ich hier bin, habe ich das Gefühl meiner Wahrheit näher zu kommen und dafür lohnt es sich.

Erster Schritt (Dechi-Ship 1 Monat)

Mitte August dieses Jahres (2024) habe ich mich auf eine lange Reise begeben und hoffentlich werde ich eines Tages zurückblicken und mir dafür danken. Wenn ich die letzten Wochen mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es "Loslassen". Alles, was ich über Karate dachte zu wissen musste ich loslassen, denn ein volles Gefäss kann nichts mehr aufnehmen. Mit scheinbar einfachen Grundschultechniken auseinander zusetzen wurde plötzlich anspruchsvoll, ein guter Input wirft ein anderes Licht auf bereits gelerntes.

So konnte ich mein Fundament stärken & mich ein wenig erden. Ich durfte lernen das Loslassen etwas sehr Schönes ist, dadurch ist man wieder freier und kann neue Ziele greifen.

Ich habe das Kickboxen losgelassen und dafür Tai-Chi erhalten, welches mir schon jetzt positive Aspekte beibringen konnte, welche ich bereits im Karate umsetzte. Ich habe die Arbeitswelt losgelassen und habe mich schon lange Zeit nicht mehr so stressfrei gefühlt, fast schon sorglos. Auch habe ich gemerkt das Loslassen in viele Aspekte des Lebens angewendet werden kann, nun probiere ich diese Stück für Stück umzusetzen.

Ich konnte mich neben dem Training auch wieder alten Hobbys zuwenden, welche man schon lang wieder anfangen wollte, in meinem Fall sind dies lesen und Schach spielen. Nebst alten Hobbys musste/durfte ich mich auch mit neuen Hobbys auseinandersetzen, das Biken stellte sich für mich als viel schwieriger aus als Anfangs gedacht. Kochen... etwas, was ich jahrelang nie gerne gemacht hatte, hat mir plötzlich doch Freude bereitet (hier bin ich mir aber noch nicht sicher ob es mir nur Spass macht weil ich oft Hunger habe)

In diesem einem Monat habe ich bereits zwei fantastische Bücher gelesen "Die Möwe Jonathan" & "Illusion", dies sind keine Bücher wie ich Sie kannte aus diesem Grund tat ich mich Anfangs auch schwer diese zu lesen, die Botschaft dahinter ist jedoch einzigartig.

Ich persönlich habe das Gefühl mich bereits in einem Monat körperlich wie mental weiterentwickelt zu haben, etwas in mir sagt jedoch das ich noch mehr hätte leisten können.

Rückblickend betrachtet ist es schwer das eigene Wachstum zu erkennen und ich muss mich damit zufriedengeben, was ich bereits geschafft habe.

Ich habe die grosse Ehre, neben Karate, die Kunst des Kubudo zu lernen. Ich empfinde dies als sehr kompliziert, geniesse aber jede Minute, welche ich darin investiere (trotz der vielen Blasen an meinen Händen). Letztlich bin ich froh den Mut gepackt zu haben und werde den ersten Schritt dieses Abenteuers sicher nie vergessen.