Lenny hat an der Abschlussfeier den Grüngurt erhalten.
Jede Prüfung ist ein Spiegel (Deshi-Monat 4)
Diesen Monat fanden wieder die halbjährlichen Prüfungen statt und zum ersten Mal durfte ich bei der zweiten Gruppe mitmachen (welche für Grün- & Braungurt ist). Mich motiviert so etwas, da ich das Gefühl habe in der grossen Liga mitmachen zu dürfen. Das Konzept der Prüfungen hatte mich Anfangs ein wenig gestört, da trainierte man mindestens ein halbes Jahr & war dann zu aufgeregt, hatte schlecht geschlafen, den Fuss verstaucht etc. etc. Obwohl es im Training sonst meist immer gut ist, schafft man es in diesem einem Moment, wo es darauf ankommt, einfach nicht die gewünschte Leistung zu erzielen. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr empfand ich eine Prüfung aber als ein "realistisches" Training. Damit mein ich nicht die Techniken oder Kata die man vorzeigt, sondern den Kern der Prüfung. Niemand wünscht sich eine bedrohliche Situation, trotzdem glaube ich das wir uns alle wünschen uns im Notfall verteidigen zu können. In einer solchen Situation bekommt man meist nur 1 Chance und diese muss sitzen. Unabhängig davon, ob man zu aufgeregt ist, zu wenig geschlafen hat, der Fuss verstaucht ist etc. etc. muss man in diesem Moment das Beste aus einem herausholen. Egal ob an der Prüfung, in Selbstverteidigung oder im Randori, wenn der gleiche Kick 1000x trainiert wird & im Moment, in dem er gebraucht wird, nicht funktioniert sitzt er noch zu wenig.
Eine Woche nachdem ich selbst Prüfung hatte, durfte ich die Kinderprüfungen zählen, dies empfinde ich als eine grosse Ehre. In den Trainings mitzuerleben, wie sich die Kinder Mühe geben, schwitzen & sich verbessern. Wie sie dann danach das gelernte an der Prüfung zeigen und nach erfolgreicher Prüfung den nächsten Level erhalten, erfüllt mich mit Stolz. Jeder der schon einmal trainiert hat weiss, dass ein guter Lehrer mit seiner Stimme & seiner Ausstrahlung Leistung aus einem herausholt von der man nichts wusste. Ich hoffe dies ist mir hier ebenfalls gelungen und ich konnte von diesem Morgen viel profitieren.
Dies ist der letzte Monatsbericht für das Jahr 2024, diesen Freitag ist die berühmte Kushido Abschlussfeier mit Circle Dancing und Buffet, auf das ich mich freue. Ich bin glücklich auf welchem Weg ich bin und glaube gut vorwärtszukommen.
Ich bin sehr gespannt darauf was 2025 für mich bereit hält. In diesem Sinne, wünsche ich allen ein frohes neues Jahr voller Freude und Gesundheit.
Jeder ist seines Glückes Schmied (Deshi-Monat 3)
Passend zum Buch welches ich gerade fertig gelesen habe "Der Pfad des friedvollen Kriegers", habe ich diesen Monat über "Budo" nachegdacht. Es gibt mehr als eine Übersetzung die für das Wort gebraucht wird. Welche mir am meisten hängen geblieben ist, ist "Der Weg des Schwertes, das nie benutzt wird". Ich erinnerete mich daran, dass mein Meister mir einmal erzählte:"In Kushido wirst du zu einem Schwert geformt."
Als Weissgurt beginnt die Suche des Metalls, mit dem Grüngurt wird das Erz ausgewählt. Ab dem Braungurt fängt man an den Stahl zu erhitzen, zu hämmern & zu falten. Beim 1. Dan wird es nocheinmal erhitzt, gehämmert und geformt. Danach beim 2. Dan wird das Schwert gehärtet & beim 3. Dan geschärft. Zum Schluss beim 4. Dan wird es poliert. Früher wurden Schwerter an noch an Gefangenen getestet, die moderne Variante sind Reisbüschel oder Bambus.
Ich finde diese Beschreibung sehr passend. An Tagen an denen das Training nicht ganz oben auf der Prioritätenliste steht trotzdem zu trainieren, auch wenn man die Ergebnisse erst nächste Woche, nächsten Monat oder erst nächstes Jahr sieht, zeigt von Stärke. Gute Sachen benötigen Zeit, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Über die letzten Monate sind ein paar Umbauten im Dojo umgesetzt worden & so wie sich das Dojo wandelt, wandle auch ich mich. Wandel ist wichtig, es gehört zum Leben und ist unvermeidbar. Ich lebe mich immer mehr in Dojo Alltag ein und schätze jede Minute. In der japanischen Lebenseinstellung "Ikegai" beschrieben sind es die kleine Sachen welche man wertschätzen soll z.B. das privat Training jeden Morgen, die Kinderklassen, die Atmosphäre in der Abendklasse oder das gemeinsame Tee trinken nach einem guten Training.Alleine wäre ich niemals soweit gekommen & ich danke allen Menschen die mich auf dieser Reise unterstützen. Ihre Zeit, Schweiss, Geld & Geduld weiss ich wirklich zu schätzen.
Warum Karate? (Dechi-Ship 2 Monat)
Das Sprichwort "Time is flying by" finde ich hier sehr passend, es sind schon zwei Monate vergangen...Ich fühle mich irgendwo zwischen, ich habe schon so viel erlebt & doch stehe ich erst am Anfang. Es gibt gute Tage, es gibt schlechte Tage, Tage an denen habe ich viel Motivation und Tage an denen habe ich kaum Motivation. Doch wichtig ist immer das Jetzt unabhängig meiner Gefühle.
-Lebe, als wäre dies dein letzter Tag & doch plane, als würdest du ewig leben-
Ich durfte die ersten Checkpoints bereits hinter mir lassen, welches einem immer wieder aufzeigt das es vorwärts geht. Diesen Monat habe ich nebst dem Sport, mich auch mit der Herkunft und Tradition auseinandergesetzt. Ebenfalls durfte ich intensiv in die verschiedenen Angriffs- und Verteidigungstechniken eintauchen. Wenn man mal in dieses "Rabbit hole" geht und sich hinterfragt z.B. "warum mache ich A & B und nicht X & Y" bringt dies ein tieferes Verständnis und ein Gefühl Karate nicht zu machen, sondern zu verstehen.
Durch das Wöchentliche unterrichten in der Kinderklasse setzt man sich ebenfalls mit der Grundschule noch einmal anders auseinander, dies empfinde ich aber nur als positiven Bonus das was mir wirklich Freude bereitet ist das Unterrichten, Werte weitergeben, Erfolg und Fortschritt beobachten und einen Teil dazu bei geben können fühlt sich sehr erfüllend an.
Wenn man jemanden etwas lehrt, ist man logischerweise ein Lehrer, wie schon alle erfahren durften gibt es solche und solche Lehrer. Die Frage "Was für ein Lehrer möchte ich sein?" Ist auf den ersten Blick relativ einfach und würde man mit "ein guter" oder ähnlichem beantworten, auf den zweiten Blick finde ich dies sehr persönlich den weiterführend ist die Frage für mich gleichgestellt mit "Was für ein Mensch möchte ich sein?" Ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie intensiv mit dieser Frage beschäftigt und empfand dies zu beantworten als einen weiteren Schritt auf einer langen Reise.
Ich habe bereits mit meinem Meister darüber philosophiert, das Gefühl, wenn man etwas macht oder etwas in die Hand nimmt und direkt spürt "Das liegt mir oder das kann ich" man kann es auch Talent nennen. Ich musste zugeben das ich dieses Gefühl noch nie hatte, es gibt nichts, was ich je gemacht habe das mir irgendwie gelegen ist oder in dem ich talentiert war. Nie schlecht aber von gut weit entfernt, immer Durchschnitt. Ja auch im Karate finde ich mich nicht talentiert und dann noch ein Stil, der fast ein Gegenteil meiner Persönlichkeit ist. Also warum mach ich es dann? Warum nicht Boxen, Kickboxen oder MMA? Wäre ich dort vielleicht talentierter? Ich glaube es nicht und um ehrlich zu sein kann ich diese Frage nicht richtig mit Worten beantworten, ich kann nur sagen mein Inneres/Herz zieht mich hierhin, spürt vielleicht das hier mein Platz ist. Gerade weil dies ein Gegensatz zu meiner Persönlichkeit ist, ist es perfekt. Ich vs. Ich.
Mit jedem Training, jedem Buch und jedem Tag, den ich hier bin, habe ich das Gefühl meiner Wahrheit näher zu kommen und dafür lohnt es sich.
Erster Schritt (Dechi-Ship 1 Monat)
Mitte August dieses Jahres (2024) habe ich mich auf eine lange Reise begeben und hoffentlich werde ich eines Tages zurückblicken und mir dafür danken. Wenn ich die letzten Wochen mit einem Wort beschreiben müsste, wäre es "Loslassen". Alles, was ich über Karate dachte zu wissen musste ich loslassen, denn ein volles Gefäss kann nichts mehr aufnehmen. Mit scheinbar einfachen Grundschultechniken auseinander zusetzen wurde plötzlich anspruchsvoll, ein guter Input wirft ein anderes Licht auf bereits gelerntes.
So konnte ich mein Fundament stärken & mich ein wenig erden. Ich durfte lernen das Loslassen etwas sehr Schönes ist, dadurch ist man wieder freier und kann neue Ziele greifen.
Ich habe das Kickboxen losgelassen und dafür Tai-Chi erhalten, welches mir schon jetzt positive Aspekte beibringen konnte, welche ich bereits im Karate umsetzte. Ich habe die Arbeitswelt losgelassen und habe mich schon lange Zeit nicht mehr so stressfrei gefühlt, fast schon sorglos. Auch habe ich gemerkt das Loslassen in viele Aspekte des Lebens angewendet werden kann, nun probiere ich diese Stück für Stück umzusetzen.
Ich konnte mich neben dem Training auch wieder alten Hobbys zuwenden, welche man schon lang wieder anfangen wollte, in meinem Fall sind dies lesen und Schach spielen. Nebst alten Hobbys musste/durfte ich mich auch mit neuen Hobbys auseinandersetzen, das Biken stellte sich für mich als viel schwieriger aus als Anfangs gedacht. Kochen... etwas, was ich jahrelang nie gerne gemacht hatte, hat mir plötzlich doch Freude bereitet (hier bin ich mir aber noch nicht sicher ob es mir nur Spass macht weil ich oft Hunger habe)
In diesem einem Monat habe ich bereits zwei fantastische Bücher gelesen "Die Möwe Jonathan" & "Illusion", dies sind keine Bücher wie ich Sie kannte aus diesem Grund tat ich mich Anfangs auch schwer diese zu lesen, die Botschaft dahinter ist jedoch einzigartig.
Ich persönlich habe das Gefühl mich bereits in einem Monat körperlich wie mental weiterentwickelt zu haben, etwas in mir sagt jedoch das ich noch mehr hätte leisten können.
Rückblickend betrachtet ist es schwer das eigene Wachstum zu erkennen und ich muss mich damit zufriedengeben, was ich bereits geschafft habe.
Ich habe die grosse Ehre, neben Karate, die Kunst des Kubudo zu lernen. Ich empfinde dies als sehr kompliziert, geniesse aber jede Minute, welche ich darin investiere (trotz der vielen Blasen an meinen Händen). Letztlich bin ich froh den Mut gepackt zu haben und werde den ersten Schritt dieses Abenteuers sicher nie vergessen.